06.10.2025
Ein besonderer Spaziergang mit Nico – Einblick in eine andere Welt
Mit Nico, 22 Jahre alt, machten wir am 6. Nov. einen außergewöhnlichen Spaziergang vom Westbahnhof bis zum Karlsplatz!
Nico hat uns auf eine eindrucksvolle und zugleich nachdenklich stimmende Reise in seine Vergangenheit mitgenommen. Nico rutschte bereits mit 14 Jahren in die Drogenszene ab. Heute, einige Jahre später, teilt er seine Erfahrungen mit Jugendlichen, um ihnen zu zeigen, wie schnell man in eine Abhängigkeit geraten kann und wie schwierig die Lebensumstände dann werden und bleiben.
Mit seiner Mutter kam er nie zurecht, weil sie ihn stets als unerwünschtes Kind bezeichnete. Mit 12 war es der Alkohol, aber schon nach kürzester Zeit war er bei den härtesten Drogen angekommen, weil sich das anfangs alles so gut anfühlte.
Sogar seine Lehrerin schaute weg, weil sie mit ihm keine Arbeit mehr haben wollte ….
Der Bruder seiner Freundin schickte ihn zum Dealen und belohnte ihn mit immer mehr und härteren Drogen. Um die 300 € pro Tag für das Zeug aufzubringen, begann er professionell teures Parfum und Dessous zu stehlen, um diese Waren billig in der Wiener Unterwelt zu verkaufen.
Seine Freundin setzte ihn schon bald mit einem Winterschlafsack vor die Türe.
Während des Spaziergangs zeigte uns Nico verschiedene Stationen, die in seiner Zeit auf der Straße eine große Rolle gespielt hatten. Dazu gehörte etwa eine Bank, auf der er 5 Jahre geschlafen hatte, oder eine Stelle, an der Drogen anonym auf ihre Reinheit getestet werden konnten oder wo und wie man Substitutionsmittel beziehen kann. Mit eindrucksvollen Erzählungen ließ er uns an seinem Erlebten teilhaben – offen, ehrlich und ohne Beschönigung.
Nie wollte er sich in einer Obdachlosenunterkunft einquartieren, weil er Angst vor den Übergriffen der erwachsenen Mitbewohner hatte.
Öffentliche WC – anlagen waren sein Badezimmer, schmutziger Kleidung entledigte er sich und stahl neue.
Bald war er körperlich komplett ruiniert, er drohte durch den Konsum gestreckter und verunreinigter Drogen und an den Entzugserscheinungen zu krepieren, seine Leber und Niere wurden kaputt.
Ein zufälliges Treffen mit seinen Großeltern war das große Glück und die Rettung in letzter Sekunde. Sie nahmen ihn auf und eine möglicherweise jahre- bis jahrzehntelange Substitutionstherapie und sein fester Wille, wieder im Leben Fuß zu fassen, haben ihm den Job als Greenpeace-Mitarbeiter und als Guide auf der Nimmerland-Tour beschert, wo er authentisch und reflektiert von seinem früheren Leben und dem noch viele Jahre dauernden Versuch aus der Abhängigkeit herauszukommen, berichten kann.
Sein größter Wunsch ist es, dass man Menschen, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, auf Augenhöhe begegnet, sie nicht stigmatisiert und nicht wegschaut. Ein nettes, wertschätzendes Gespräch ist von besonderem Wert.
Der Spaziergang hat uns gezeigt, wie wichtig Aufklärung, Verständnis und rechtzeitige Hilfe sind. Wir danken Nico herzlich für seine Offenheit und den Mut, seine Geschichte mit uns zu teilen.
4D